Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das kritischste Nadelöhr für den Aufschwung eine toxische Kombination aus struktureller Investitionsschwäche und demografisch bedingtem Arbeitskräftemangel. Wenn ich eines davon als das größte Hindernis für den Turn-around benennen müsste, dann ist es die Investitionsblockade, weil sie die Lösung für das zweite Problem – den Arbeitskräftemangel – aktiv verhindert.

Lassen Sie mich das erklären

Ein wirtschaftlicher „Turn-around“, insbesondere angesichts der grünen und digitalen Transformation, ist fundamental ein Investitionszyklus. Die deutsche und europäische Wirtschaft muss in enormem Umfang altes Kapital (z.B. fossile Kraftwerke, alte Maschinen) durch neues Kapital (z.B. Erneuerbare Energien, KI-gesteuerte Produktion, digitale Infrastruktur) ersetzen.

Genau hier liegt die Blockade:

  1. Öffentliche Investitionslücke: 
    Unsere öffentliche Infrastruktur – von Stromnetzen über Schienen bis hin zu digitalen Verwaltungsplattformen – ist unterfinanziert und marode. Sie ist aber die notwendige Plattform für private Investitionen.
  2. Risikoaversität als Geschäftsmodell durch Regulierung und Eigenkapitalvorschriften:
    Banken, Sparkassen vergeben noch sehr restriktiv Ausleihungen jeder Art. Der andauernde wirtschaftliche Sinkflug, erkennbar an den Kennzahlen unserer Volkswirtschaft, lässt die internen Risikovorgaben und -betrachtungen noch weiter verengen. Dadurch entstehen branchenspezielle No-Go-Investitionen. Die Auswirkungen der Taxonomie tun ihr übriges dazu.
  3. Private Investitionshemmung:
    Unternehmen investieren zögerlich. Warum? Wegen eines Dreiklangs aus (a) exzessiver Bürokratie und langsamen Genehmigungsverfahren, (b) hoher Energie- und Lohnstückkosten im internationalen Vergleich und (c) massiver Planungsunsicherheit (Wohin steuert der Bund und die EU? Wie verlässlich ist die Energieversorgung?).
  4. Die Koppelung zur Demografie:
    Der Arbeitskräftemangel (ein massives Angebotsproblem) ließe sich volkswirtschaftlich nur durch einen massiven Anstieg der Produktivität kompensieren. Wir brauchen also weniger Menschen, die mehr Wert schöpfen. Produktivitätssteigerung entsteht aber fast ausschließlich durch Investitionen – in Automatisierung, Digitalisierung und bessere Prozesse.

Das Nadelöhr ist also: Wir müssten massiv investieren, um unsere Produktivität zu steigern und den Arbeitskräftemangel abzufedern. Aber wir können nicht schnell genug investieren, weil Bürokratie, Kosten und Unsicherheit die Investitionsbereitschaft lähmen.

Wir stecken in einer Falle, in der die Lösung (Investition) durch strukturelle Probleme (Bürokratie) blockiert wird, während das Zeitfenster durch die Demografie immer kleiner wird.