Banken richten sich zunehmend auch in Richtung Versicherung aus. In Zukunft könnten sie mehr Maklertätigkeiten ausüben und Produkte vertreiben. Volker Eisele, Leiter Vertriebskooperationen Banken, erklärt, welche Chancen Banken hier haben.

Redaktion: Warum ist Bancassurance aktuell ein Hype-Thema?

Volker Eisele: Ich persönlich bin mir gar nicht so sicher, ob dieses Thema die Branche wirklich hyped. Für uns als Bayerische ist es sehr wichtig, darum haben wir uns, sowohl mit Produktlösungen als auch mit der Technik, in den letzten Jahren auf diese Zielgruppe besonders eingestellt.

“Die Bedeutung der Einnahmen aus der Versicherungswelt muss zulegen.”

Redaktion: Wo sehen Sie den Vertrieb von Versicherungsprodukten bei Banken in drei Jahren? Wird er zum Kerngeschäft gehören?

Volker Eisele: Von außen betrachtet ist die aktuelle Situation im Aktivgeschäft der Banken gerade im Firmenkundengeschäft gut bis sehr gut. Zumindest war es vor der Covid-19 Pandemie so. Im Passivgeschäft fehlen den Beratern am Kunden häufig zinsattraktive Produktlösungen. Der Wertpapierbereich, der ebenfalls in vielen KIs gut läuft, kann dieses NachfrageGap aber offensichtlich nicht zu hundert Prozent befriedigen. Ja, aus diesem Blickwinkel glaube ich, dass die Bedeutung der Einnahmen aus der Versicherungswelt deutlich zulegen muss.

Redaktion: Wie schätzen Sie Bancassurance ein? Erfolgsmodell oder nicht?

Volker Eisele: Nun, für die Versicherer, die hinter den Banken, den Sparkassen und den Genossenschaftlichen Instituten stehen, schon. Einige Player am Markt versuchen in dieser Zielgruppe die Vorsorgelösungen, die sie entwickeln, auch über die Banken und Sparkassen zu vertreiben. Das funktioniert aus verschiedenen Gründen, die auch in der Struktur liegen, nicht. Ausnahme Einmalbeitragsgeschäft. Das ist aber der Bereich, in dem ich keine großen Margen für alle Beteiligten erkennen kann.

Redaktion: Erwartet uns ein “Dominoeffekt”, wenn erste Banken den Maklerstatus erlangen? Also ein großflächiger Wechsel von Banken in den Maklerstatus?

Volker Eisele: Die Bewegung in den Maklerstatus nehmen wir auch wahr, allerdings in geringerem Maße wie die Entwicklung in den Status der Mehrfachagenturen. Da mögen rechtliche Gründe dahinterstecken. Ein Fazit aber bleibt: Der Weg vom Ein-Firmen-Vertreter führt in allen Banken und Sparkassen in einen vertrieblichen Engpass. Das haben die öffentlich-rechtlichen Versicherer bereits erkannt und versuchen in dieser neuen Bewegung mindestens dabei zu sein.

“Wir schaffen es die Gesamteinnahme im Feld Versicherungsgeschäft zu steigern.”

Redaktion: Nutzen die Banken ihr Potenzial denn schon aus? Oder besteht ein Missverhältnis zwischen den vielen Kundendaten/ Kundenkontaktpunkten und der Anzahl an verkauften Versicherungsprodukten?

Volker Eisele: Gehen wir die Frage mal von der anderen Seite an. Wir bei der Bayerischen setzen eher die Kundenbrille auf, in diesem Fall die unserer Bankpartner. Die sind in der Regel mit den erzeugten Provisionseinnahmen ganz zufrieden, natürlich bringt der Kostendruck, der auf die Institute von außen wirkt, Begehrlichkeiten mit. Diese Begehrlichkeiten in Form von Erträgen führen wiederum zu Kosten. Für gewöhnlich mindestens in Mensch und Material. Unser Ansinnen bei der Bayerischen ist es nicht nur Tarife und Produkte zu liefern, sondern die Geschäftsentwicklung vor Ort zu unterstützen. Mit uns als Partner wird nicht Tarif A gegen Tarif B getauscht, wir schaffen es die Gesamteinnahme im Feld Versicherungsgeschäft zu steigern. DAS ist ein Teil unserer DNA!

Redaktion: Werden Banken künftig Versicherungsleistungen in ihre Produkte einbauen, um einen USP zu erzeugen?

Volker Eisele: Ja, ich bin überzeugt davon das diese Art der Verwebung die Inhouse-Akzeptanz und die Mitarbeiteranzahl, die sich für den Versicherungsabsatz einsetzt, deutlich stärken kann. Zudem der Endkunde davon auch echten Nutzen hat!

“Für die Bayerische sind alle Wege möglich.”

Redaktion: Auf welchem Weg wird Bancassurance stattfinden? Rein digital?

Volker Eisele: Digital, physisch, hybrid – für die Bayerische sind alle Wege möglich und werden bereits eingesetzt. Spezialisierte Kreditinstitute sind auf der Suche nach Einnahmequellen und vor allem Kundensicherung. Deshalb entsteht auch bei dieser Art Bankhaus der Wunsch nach einem umfassenderen Angebot in der jeweiligen Zielgruppe. Interessant ist dieser Gedanke natürlich nur dann, wenn nicht höhere Kosten durch Technik und Mitarbeiterausbildung entstehen als der zu erwartende Ertrag. Also JA, wir sind der Meinung, dass persönliche und individualisierte Beratung sein muss. Ob die jetzt digital oder persönlich, in einer Filiale oder am Rechner beim Kunden zu Hause stattfindet, ist uns dabei nicht wichtig. Wir bieten die Möglichkeiten dazu an.

Redaktion: Das Modell bilaterale Bancassurance (Bank/Versicherung) hat sich ja nun etabliert. Welche Rolle spielen andere Technologiedienstleister in Zukunft?

Volker Eisele: Meiner Meinung nach rutschen diese in eine zentrale Rolle. Dabei ist mein Bild noch nicht ganz klar, in welcher Form und in welchem Umfang. Da tickt jede Bankengruppe ein wenig anders, die Privatbanken natürlicherweise in besonders hohem Maße. Wir haben gerade eine Marktumschau angefertigt, die zeigt uns, dass wir mit allen Akteuren am Markt sprechen und mit den meisten bereits seit Jahren enge Beziehungen pflegen. Mit InSign ist unsere Unterschriften-Technologie ohnehin bei vielen Partnern bereits vor Ort zu finden.

Redaktion: Ökosysteme sind das neue Zielsystem der Zukunft, ist die Bancassurance ist ein wichtiger Schritt in dieses System?

Volker Eisele: Ja. Wir sind dieser Auffassung und arbeiten seit mittlerweile, geraumer Zeit an unseren Ökosystemen, die im Plug&Play angebunden werden oder adaptiert werden können.

Redaktion: Wie würden Sie das Bancassurance der Zukunft in einem Satz beschreiben?

Volker Eisele: Ein kreativistischer Markt, der agilen und progressiven Partnern Freude bereiten wird.

Redaktion: Worin sehen Sie die größten Herausforderungen oder Handlungsfelder in den nächsten 3-5 Jahren?

Volker Eisele: Bessere Usability in die Front-Ends und an die Beraterplätze zu bringen. Produkte und Lösungen einfach versteh- und begreifbar zu machen.

Redaktion: Abschlussfrage: Wie gehen Sie diese an?

Volker Eisele: Wir stecken mittendrin! Das, was morgen Nutzen bringen soll, muss heute erdacht und konzipiert werden. Das tun wir! Und zwar konsequent vom Kunden und Berater gedacht.

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