Stellen Sie sich vor, auf einer Weide steht eine Herde Kühe. Lange Zeit ist die Weide grün, saftig und voller Gras. Jede Kuh hat genug zu essen. Mit der Zeit wird das Gras aber knapp. Was tun die Kühe also? Sie suchen sich neue Weideplätze. Denn sie wissen genau: Der Kampf um jeden einzelnen Grashalm führt nicht zum Erfolg.

Die klassischen Felder sind erschöpft

Dieses zugegebenermaßen vereinfachte Beispiel soll eine Metapher für die deutsche Bankenlandschaft darstellen. Wieso? Weil wir im aktuellen Geschäftsumfeld vergleichbare Prozesse beobachten können. Banken konkurrieren mit bis ins letzte Detail ausgefeilten und optimierten Geschäftsprozessen im Einlagen- und Kreditbereich. Eine Margensteigerung ist nicht mehr möglich. Dazu kommen aufstrebende FinTechs, die den Platzhirschen in puncto digitale Prozesse zunehmend die Vorherrschaft streitig machen. Bei Retailbanken ist das Problem besonders dramatisch. Eine Studie der Managementberatung A.T. Kearney kam jüngst zu dem Ergebnis, dass deutsche Retailbanken mit einem Gewinn von 153 Euro je Kunde weit unter dem europäischen Gesamtdurchschnitt liegen.

Gutes Wirtschaftswachstum als letzter Strohhalm

Größtes Problem sei demnach die Kosteneffizienz. Hier bilden deutsche Privatkundenbanken die Schlusslichter im europäischen Vergleich. Ein Grund dafür, dass die deutschen Retailbanken im Ergebnis noch stabil dastehen, ist die gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Das Geschäftsvolumen von Einlagen und Krediten wuchs hierzulande durchschnittlich um 3,9 Prozent. Die westeuropäischen Nachbarn mussten sich mit 3,1 Prozent zufriedengeben. Wie lange das noch gut gehen kann, steht in den Sternen.

Bancassurance: Der Blick über den Tellerrand

Denn wenn die Banken ihre Bilanzen wirklich verbessern wollen, dann werden sie sich entwickeln müssen. Für eine Cost-Income-Ratio von 60 Prozent wären Provisionserlöse mit einer Steigerung von 30 Prozent nötig. Gleichzeitig müssten die Kosten um weitere 20 Prozent gesenkt werden. Aber wie sollen solche Zahlen erreicht werden? Was bleibt Banken, um die Erlöse zu steigern? Ein zweites Standbein wäre sinnvoll. Oder um bei dem Beispiel vom Anfang zu bleiben: Warum nicht die Weide wechseln? Und genau hier kommt die sogenannte Bancassurance ins Spiel.

Neue Einnahmequellen und neue Synergien

Die Bancassurance eröffnet den Kreditinstituten die Möglichkeit, neben ihren klassischen Geschäftsfeldern zusätzlich Provisionen aus dem Versicherungsvertrieb zu generieren. In Anbetracht der schwierigen Marktsituation, die sich durch neue Regulatorik, neue Akteure und den Niedrigzins in nächster Zeit wohl kaum entspannen wird, ist das eine lukrative Option. Ein Beispiel für eine effektive Synergie ist die Vermittlung von Krediten für Wohnimmobilien. Warum? Im Finanzierungsgespräch in der Bank thematisiert der Berater bereits abgeschlossene Versicherungen und Absicherungsprodukte, die zukünftig nötig werden könnte. Wie etwa ein Produkt zur Absicherung der Arbeitskraft oder eine Altersvorsorge. Hier entsteht die optimale Schnittstelle für einen Kompetenztransfer.

Versicherer bieten digitale Prozesse

Im Vergleich zum finanzintensiven Ausbau digitaler Prozesse kann Bancassurance neben einer zusätzlichen Einnahmequelle auch entsprechende Prozesse bereitstellen. Versicherer haben eben diese Abläufe bereits entwickelt und stehen einem Austausch offen gegenüber. So können Banken auch ohne große Digitalisierungsstrategie einen Weg finden, um ihre Deckungsbeiträge zu erhöhen.

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