Stagflation ist ein Schlagwort, das wir in den nächsten Monaten häufiger hören und lesen werden. Immerhin erleben wir dieses wirtschaftliche Phänomen in unserer Nationalökonomie aktuell besonders stark. Die Stagflation kommt durch das gleichzeitige Auftreten von Inflation und wirtschaftlicher Stagnation zustande. Inflation bedeutet dabei steigende Preise für Waren und Dienstleistungen, während Stagnation auf eine schwache Wirtschaftsleistung und eine tendenziell hohe Arbeitslosigkeit hinweist.

Stagflation ist Regierungssache

Das mitwirkende Phänomen erleben wir aktuell nicht in einer besonders starken Ausprägung. Stagflation ist problematisch, da die üblichen geldpolitischen Instrumente zur Bekämpfung von Inflation (zum Beispiel Zinserhöhungen) die Stagnation verschärfen können und umgekehrt. Dieses Spannungsfeld stellt eine Herausforderung für Regierungen und vor allem die Zentralbanken dar, da sie Maßnahmen ergreifen müssen, um sowohl die Inflation in den Griff zu bekommen als auch das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Nun könnte es ausreichend sein, dass die Europäische Zentralbank (EZB) sich um die Inflationsbekämpfung und das Wirtschaftsministerium sich um die Belebung der Konjunktur bemüht. Beide agieren aus guten Gründen unabhängig voneinander. Wie mögliche Wege aussehen könnten, beschreibe ich hier. Die Aufzählung ist sicherlich nicht vollumfänglich. Sie soll die großen Hebelpunkte in unserer Nationalökonomie beschreiben.

Stagflation bekämpfen

Die Bewältigung von Stagflation erfordert eine ausgewogene und sorgfältige wirtschaftspolitische und abgestimmte Herangehensweise der Beteiligten in Politik, Verbänden, Gewerkschaften und der Notenbank.

Geldpolitik: Die Zentralbank kann versuchen, die Inflation durch Zinserhöhungen zu bekämpfen, aber dies sollte vorsichtig geschehen, um die wirtschaftliche Stagnation nicht zu verschärfen. Eine schrittweise Erhöhung der Zinsen kann helfen, die Inflation zu dämpfen, ohne die Wirtschaft zu stark zu bremsen. Mit der Leitzinserhöhung scheint die Ankündigung der EZB zum Jahresbeginn erfüllt. Die schrittweise Erhöhung der Leitzinsen auf aktuell 4,5 Prozent hat die auf der Angebotsseite ausgelöste Inflation bekämpft, aber nicht in die Zielzone zurückgeschoben.

Fiskalpolitik: Die Regierung kann Konjunkturprogramme einführen, um die wirtschaftliche Aktivität anzukurbeln. Dies kann Investitionen in Infrastrukturprojekte, Steuersenkungen oder Direkthilfen für Bürger und Unternehmen beinhalten. Die Diskussionen über einen Industriestrompreis zeigen, dass sich die politischen Akteure bemühen. Weitere, breiter wirksamere Programme zu formulieren, wird die Politik offensichtlich nicht allein schaffen. Die Verbände und Gewerkschaften sind gefragt.

Strukturreformen: Die Regierung muß sich an strukturelle Reformen herantrauen und durchführen. Dies mit dem Ziel, die Produktivität zu steigern und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Möglicherweise sind die Deregulierung von Märkten, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Förderung von Innovationen gute Wege.

Lohn- und Preisstabilität: Es ist wichtig, Lohn- und Preissteigerungen in Schach zu halten, um die Inflation durch die Lohn-/Preisspirale zu bekämpfen. Dies kann durch Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, staatliche Eingriffe oder die Förderung von Wettbewerb in Schlüsselindustrien erreicht werden.

Bildung und Qualifikationen: Investitionen in Bildung und die Förderung von Qualifikationen können die Produktivität erhöhen und die langfristige Wirtschaftsentwicklung unterstützen.

Internationale Kooperation: In einer globalisierten Welt kann die Zusammenarbeit mit anderen Ländern hilfreich sein, um Handelsbarrieren abzubauen und gemeinsame wirtschaftliche Herausforderungen anzugehen.

Stagflation bewältigen

Die Bewältigung von Stagflation erfordert eine sorgfältige Abwägung der kurzfristigen und langfristigen wirtschaftlichen Ziele sowie die enge Zusammenarbeit zwischen Regierung und Zentralbank. Es gibt keine universelle Lösung, da die Strategien von den spezifischen Bedingungen und Ursachen der Stagflation abhängen.

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