ESG-Kriterien, Nachhaltigkeitspräferenzen und „grüne“ Finanzen: Von Kundenseite steigt die Nachfrage nach nachhaltigen Investments, die Politik schreibt sie zunehmend vor. Doch was steckt dahinter? Volker Eisele von der Bayerischen hat einen Blick auf die verschiedenen Investmentarten nach der Offenlegungs-Verordnung geworfen.

Definition Artikel 8 Investments (hellgrüne Fonds)

Diese Fonds berücksichtigen ökologische und soziale Aspekte bei der Auswahl der Investments. Das nachhaltige Investieren ist jedoch nicht das Hauptziel des Fonds. Sie werden auch als „hellgrün“ bezeichnet. Die ESG-Ziele stellen die Basis der ausgewählten Assets.

Definition Artikel 9 Investments (dunkelgrüne Fonds)

Solche Fonds verfolgen als Hauptziel eine nachhaltige Anlage, insbesondere mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele der UN. Zum Beispiel die Reduktion von CO2-Emissionen oder die Schaffung humaner Arbeitsbedingungen. Die positive Nachhaltigkeitswirkung wird ausgewiesen, muss also messbar sein. Artikel-9-Fonds werden auch „dunkelgrün“ oder Impact-Fonds genannt. Mindestens ein ESG-Ziel muß fokussiert werden.

Definition Artikel 6 Investments (herkömmliche, graue Fonds)

Das sind Fonds, die keine Nachhaltigkeitsziele anstreben. Diese Fonds werden auch als „grau“ bezeichnet. Die Bezeichnung „grau“ ist im Kontext „grün“ und „dunkelgrün“ formuliert. Die Farbwahl hat keine Verbindung zum grauen Kapitalmarkt. Aus diesem Blickwinkel ist die Farbwahl ein wenig unglücklich. Sie zeigt aber vielleicht auch, wie weit weg die Vorgaben vom bisherigen Kapitalanlagegeschäft ersonnen wurden.

Die Definitionen der aktuell im Vertrieb befindlichen Investments hilft sicherlich schon bei einem ersten Transparenzschritt. Mit einem tieferen Blick auf die Auswirkungen der einzelnen Ausprägungen werden die tatsächlichen Auswirkungen auf die Emissionshäuser und Kunden erkennbar.

Auswirkungen der verschiedenen Investments

In Artikel 8 teilt sich der Anlagefokus auf die Ertragsgenerierung durch ökologische und soziale Aspekte. Das eröffnet Emissionshäusern Möglichkeiten Marktintransparenzen und Performancechanen zu nutzen. Kunden investieren in diesen Fonds häufig in ein breiteres Anlageuniversum und nehmen Asset-Allocation und Risikodiversifikation aus der Anlage heraus in Anspruch. Bei vergleichbarerer Assetklasse kommt es zu niedrigeren Volatilitäten. Nicht jedes Marktumfeld erfordert den Einsatz von Absicherungsinstrumenten. Das Spiel der Korrelation reicht häufig für normale Schwankungen innerhalb der Standardabweichungen aus.

Dagegen liegt der Fokus von Artikel 9 auf dem Oberziel der Nachhaltigkeit. Die Prozesse zur Assetklassen- und Titelauswahl müssen laufend dokumentiert werden. Dem Oberziel Nachhaltigkeit wird zum Beispiel eine möglicherweise breitere Asset-Allocation untergeordnet. Es handelt sich um eine Investition in einen zum heutigen Zeitpunkt tendenziell eher engen, hochmonetarisierten Markt. Untergeordnet werden aber auch Ertragschancen, die sich zum Beispiel aus Marktintransparenzen ergeben. Die enge Assetauswahl innerhalb des von vielen Anlegern und Investoren hochmonetarisierten Marktes hat direkte Auswirkungen auf die Höhe der Ertragschancen. Wie in engen Umfeldern üblich, gilt es Marktbewegungen durch Absicherungsinstrumente zu entschärfen. Ganze Industriebranchen werden nicht in den Investitionsfokus genommen.

Gegenübergestellt und verkürzt dargestellt fasse ich wie folgt zusammen:

Artikel 8 bietet die Anlagechancen in breitem Marktumfeld hellgrüner Anlagen. Die Diversifikation reicht von ökologischen bis zu sozialen Aspekten und streut damit Anlagerisiken tendenziell effizient. Kunden und Emissionshäuser kommen in Artikel 8 Anlagen zu ertragreicheren Anlageinstrumenten. Das bedeutet konkret in der Altersvorsorge: Jedes Prozent Ertrag spart viele Euro Monatsbeitrag oder schafft Rentenhöhe und damit Kaufkraft im Alter.

Artikel 9 stellt die Nachhaltigkeitsaspekte in den Vordergrund. Der Anleger ordnet diesem Aspekt die Risikostreuung und Marktransparenz unter. Kunden und Emissionshäuser engagieren sich an engeren Märkten und können damit tendenziell höhere Erträge zum Preis von höheren Volatilitäten erreichen. Im Fokus steht aber die Anlage – nicht der Ertrag. Das bedeutet konkret für die Altersvorsorge: Die nachhaltigen Assets erfordern für das zu erreichende Anlageziel tendenziell höhere Monatsbeiträge und höhere Volatilitätsaffinität.

Neue Ratingstandards bei Morningstar

Wie genau sich Unternehmen auf hohem Niveau des Greenwashings bedienen, habe ich bereits in einem früheren Beitrag dargelegt ( https://www.versicherungsprodukte-fuer-banken.de/2018/07/12/nachhaltigkeit-pangaea-life/ ). Morningstar hat durch die Aktualisierung der hauseigenen Ratingstandards „Die Rating-Umstellung wirbelt einige Kategorien durcheinander“ https://www.morningstar.de/de/news/197776/das-neue-morningstar-nachhaltigkeits-rating-was-hat-sich-ver%C3%A4ndert.aspx für einige Aufregung unter den Anbietern geführt. Die Aktualisierung der Ratingbedingungen war dringend nötig geworden, war doch eine Vielzahl der Investmentanbieter quasi über Nacht zu ESG-Musterknaben geworden. Morningstar hat damit eine Vorreiterrolle am Markt eingenommen. Es ist zu hoffen, dass weitere Ratingagenturen nachziehen werden. Die Akzeptanz der Unterschiedlichkeit der Artikel 6,8 und 9 am Markt hängt von der Professionalität der Arbeit in den Ratinghäusern ab.

Fazit

Der häufig verbreitete Irrglaube, Artikel 9 sei besser als Artikel 8, trifft nicht zu. Für viele Anleger sind die ESG-Kriterien heute schon akzeptierte Basis ihrer persönlichen Kapitalanlage und Altersvorsorge. Dabei steht der Ertrag bei vielen Anlegern – so unterschiedlich sie auch sozialisiert sind – heute im Fokus der Kapitalanlage und des Ansparprozesses. Die Qualität von Emissionshäusern wird heute über Erträge ge- und bewertet, spielt damit bei der Anlageauswahl eine große Rolle. Dabei sind die ESG-Kriterien heute bereits etablierte Entscheidungsgrundlage bei privaten und institutionellen Anlegern.


Die Bayerische und Nachhaltigkeit

Der Deckungsstock der Bayerischen entspricht dem Artikel 8, worauf wir sehr stolz sind. Unsere Pangaea-Life Fonds Blue Living und Blue Energy ebenfalls.

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